zurück zu Alles über München Entstehung der geschnitzten Münchner Moriskentänzer
Ein Tanzbankett Herzog Christoph des Starken hatte dazu inspiriert. Im Münchner Stadtkammerbuch hielt der Stadtschreiber am 15. August 1480 die Auszahlung von 150 Gulden fest, für damals ein beträchtliches Honorar. Die mitreißenden Werke des selbstbewußten Künstlers hatten allerdings bei den alteingesessenen Meistern zunächst eher zu einer neidvollen Beunruhigung geführt.
Zehn
Tanzfiguren wurden auf kleinen Konsolen in einem umlaufenden Fries,
unmittelbar unter dem imposanten Tonnengewölbe, auf jeder Seite fünf am
Schnittpunkt der Rundbogenfelder, aufgereiht, wie aus einem Stich von
Nikolaus Solis über die Hochzeit Wilhelm V. mit Renata von Lothringen aus
dem Jahre 1568 zu entnehmen ist. Über 450 Jahre haben diese zwischen 61,5
cm und 81,5 cm hohen Tänzer in diesem Saal gestanden. Vergeblich sucht man
in den Quellen nach dem Aussehen und Aufstellungsplatz der restlichen
sechs Figuren: Vermutungen bestehen, daß es sich dabei um die "Tanzjungfrawe",
den Narren, Musikanten vielleicht auch Zuschauer gehandelt haben könnte. Die zehn Moriskenfiguren überlebten
fast 450 Jahre im Rathaussaal ungestört; sie wurden zweimal restauriert,
1726 und 1887, bis sie 1928 durch Kopien ersetzt wurden. Die Originale
fanden nach einer Restaurierung in den Werkstätten des Bayerischen Nationalmuseums ab 1931
im Münchner Stadtmuseum ihr Zuhause. Nach einer Umgestaltung des
spätgotischen Zeughaussaales wurden sie im März 1999 den
Ausstellungsbesuchern erneut zugänglich gemacht. Für jede Figur sind entsprechend
ihrer Kostümierung im Laufe der Jahre frei erfundene Namensgebungen vorgenommen worden. Grasser hat seine Figuren als faszinierende Tänzer mit unterschiedlichen ausdrucksstarken Bewegungscharakteren dargestellt, wobei sich die Art der Bewegung bei allen zehn Tänzern ähnelt. Typisch sind die Prinzipien der Gegenbewegung, Verwringung und Isolation wie wir sie heute vor allen in der modernen Tanzform des Jazz wiederfinden. Gekreuzte Beine, gegenläufiger Oberkörper vor- bzw. rückgebeugt mitunter mit Seitneigungen verbunden, isolierte Schulter- und Kopfbewegungen, grotesk gebeugte bzw. gestreckte Arme mit gespreizten Fingern, alle Raumrichtungen ausfüllend. Die Gesichtszüge der Tänzer sind eher als alt und vulgär zu bezeichnen. Kinn- bzw. Lippenbärte tragen zur Typisierung bei.
Interessant sind natürlich auch ähnliche zeitgenössische Darstellungen von Moriskentänzern. Zu den spektakulärsten gehört das figurale Steinrelief des achtfach unterteilten Prunkerkers des "Goldenen Dachls" in Innsbruck von 1494/96, mit sechs mal zwei grotesken als "Narren" verkleideten Tänzern und in der Mitte als Zuschauer Kaiser Maximilian im Profil zusammen mit seiner zweiten Gemahlin, offenbar Preisrichterin mit einer Goldkugel bzw. einem Apfel und seiner verstorbenen ersten Gattin sowie nochmals Kaiser Maximilian en face mit einem Ratsherren und einem Hofnarren. Graphische Darstellungen
stammen u.a. von Israel von Meckenem um 1460/ Gaisberg 383 und 465, Hans
Suess von Kulmbach um 1510, Meister HL um 1520, von Christoph Weiditz um
1530, Erhard Schön um 1542. In den Darstellungen tauchen immer wieder eine
tanzende Frau, der Narr und der Pfeifer auf. Ähnlichkeiten mit den
Münchner Tänzern sind in Bewegung und Kostümierung bei Israel von Meckenem
und im Innsbrucker Relief zu finden. Zwei Darstellungen mit den
Moriskentänzern von Erasmus Grasser liegen aus dem Jahre 1860 von Wilhelm
Gail in der Graphikensammlung des Münchner Stadtmuseums vor, vermutlich
Entwürfe zu Vignetten, wie sie für Programmzetteln zu Künstlerfesten
erstellt wurden. Bauer,
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